Gitarrensoloweltrekord

Olli’s Gitarrensoloweltrekord

Wer hätte das gedacht? Wer schon geglaubt hatte, in diesem Jahr passiert aber auch gar nichts Interessantes, nur das Übliche wie EU-Pleite und vorgezogene Neuwahlen, der sieht sich nun eines Besseren belehrt:

Ausgerechnet im verträumten Hof an der Saale wagt ein tollkühner Sechssaitenverknoter ein Unterfangen, das nicht nur Schwermetaller, sondern jeden Gitarrenenthusiasten die Ohren spitzen lassen dürfte.

Olli Bär, Axeman der im Oberfränkischen wohlbekannten Coverband „No Ma’aM“, tritt am 3. September 2005 von 13 Uhr bis 1 Uhr nachts im Vereinsheim des FC Wiesla am Südring an, um öffentlich und unter notarieller Aufsicht 12 Stunden lang ca. 200 000 Noten ins Publikum zu feuern.

Und als ob der Sensationen damit nicht genug wären, fordert der Gitarrist in der letzten Stunde noch einen Gegner aus dem Auditorium zu einer simultan ausgetragenen Schachpartie heraus. Alle Rockmusik-, Gitarren-, Jux-und Tollerei-Interessierten sind herzlich eingeladen, diesem außergewöhnlichen Event beizuwohnen.

Für Speis und Trank sorgt das bewährte Rock-Team des FC Wiesla.


Unser Mitarbeiter O. Bär interviewte Olli B. zu seinem geplanten Weltrekord im Dauergitarrensolospielen:

Bär: Hallo Olli, wie geht’s denn so immer?
Olli: Ich verbitte mir dieses vertrauliche „Du“ – wir sind doch nicht in der SPD!

Bär: Verzeihung! Ich wollte sagen: Was brachte Sie auf diese, na, ich möchte mal sagen: tollkühne Idee, einen Weltrekord aufzustellen im Gitarrensolospielen?
Olli: Weil ich Geige oder Klavier nicht kann!

Bär: Natürlich, das leuchtet ein. Aber warum muss es denn gleich ein Weltrekord sein?
Olli: Nun, ich spiele Gitarre jetzt seit 29 Jahren. Und das liegt vor allem daran, dass ich 1976 damit angefangen habe. Bei mir zu Hause haben sich im Lauf der Jahre so ca. 50 E-Gitarren angesammelt. Und ich baue auch selbst welche.

Bär: Soso. Und was hat das mit dem Weltrekord zu tun?
Olli: >Nichts.

Bär: Aha, darum. Kann es sein, dass Sie nur unter dem Drang leiden, sich öffentlich darzustellen?
Olli: Ich verwahre mich gegen diese infame Art von Unterstellung! Aber ich werde die Frage mit einem Gleichnis beantworten: Es war einmal ein Scheich, der hatte einen Harem von fünfzig Frauen. Da fand er eines Tages, dass es an der Zeit wäre, öffentlich einen Rekord aufzustellen im – Na, das ist jetzt vielleicht kein gutes Gleichnis.

Bär: Verstehe. Wenn Sie vielleicht trotzdem die Frage beantworten könnten?
Olli: Ich übe einfach zu wenig. Da dachte ich, wenn ich mich selbst zwinge, weil Leute zugucken, dann bleibe ich wenigstens mal zwölf Stunden bei der Sache. Nein, war nur Jux! Der wahre Grund ist: Ich will mir das Rauchen abgewöhnen, und –

Bär: Also, ich glaube, Sie wollen mich nur vergackeiern! Ich breche das Interview ab!
Olli: Tu’s doch, tu’s doch!

Bär: Nun, die Sache findet also statt am Samstag, dem 3. September, im Vereinsheim des FC Wiesla am Südring in Hof?
Olli: Exakt. Ich beginne um 13 Uhr und bin fertig um 1 Uhr nachts. Oder eher, bei plötzlichem Herztod oder wenn mir die Hand abfällt.

Bär: Besteht da Gefahr?
Olli: Dass mir die Hand abfällt, schon. Bei Geschwindigkeiten zwischen Presto und Prestissimo, was ich schon beabsichtige, kommen da leicht 200 000 Noten zusammen in zwölf Stunden. Der Herztod ist auch nicht ganz auszuschließen, weil ich dabei schon erhebliche Mengen an Kaffee konsumieren werde. Eben darum auch, das nehme ich mir heraus, fünf Minuten Pause pro Stunde. Alternative Lösungen des Drainage-Problems erschienen mir da etwas unappetitlich.

Bär: Wie ist das genaue Verfahren?
Olli: Ganz einfach: Ich gehe hinaus, betrete die Toilette, öffne …

Bär: Nein, nein! Ich meine das Verfahren, wie Sie Ihre 200 000 Noten unters Volk bringen?
Olli: Einer meiner Mitarbeiter legt eine CD auf – da denke ich an die Richtung „Yngwie Malmsteen“, „Steve Stevens“, „Molly Hatchet“, meinetwegen auch „ZZ Top“ – und spiele einfach Solo dazu. Passendes Tempo, richtige Tonart. Ich habe also die zwei oder drei Sekunden Pause zwischen den einzelnen Songs, dann muss ich die Tonart finden und dann geht’s weiter. 55 Minuten lang, zwölf Mal. Das Team vom FC Wiesla sorgt für die Bewirtung der Gäste.

Bär: Und dabei sitzen sie auf einer Couch?
Olli: Auf einer rotgeblümten.

Bär: Aha. Und was war das mit diesem ominösen Schachspiel?
Olli: Damit die Sache nicht gar zu anspruchslos wird, gedenke ich in der letzten Runde nebenher noch gegen irgendjemanden eine Partie Schach zu spielen. Multimedia, verstehen Sie?

Bär: Dochdoch. Verzeihen Sie, werden das manche nicht für – hm – etwas exzentrisch halten? Bekloppt wollte ich jetzt nicht sagen.
Olli: Wir verspotten, was wir nicht verstehen! Ich glaube, dass sich Fragen der künstlerischen Darbietung Ihrer Beurteilung doch wohl entziehen. Der große Gonzo aus der Muppet-Show hat auch einmal in einer Hängematte stehend ein Klavier balanciert und dabei das große Einmaleins aufgesagt.

Bär: Natürlich. Und das alles steht dann im Guinness-Buch?
Olli: Da muss ich Sie jetzt leider enttäuschen. Ich habe bei Guinness angefragt, ob sie die Sache interessiert. Die Antwort bestand aus drei Teilen:

  1. ein ca. zwölfseitiges Skript, das haarklein genau die Abtretung von Veröffentlichungs- und Verwertungsrechten in Paragraphen zwängt sowie exakt das Was, Wann, wie lange, wie viel, wie schnell, wie viel Wiederholungen, Schuhgröße der Großmutter etc. etc. vorschreiben will. Da hab ich keine Lust dazu.
  2. die Auskunft, dass ein Inder schon vor geraumer Zeit im CVJM-Heim in Kalkutta 24 Stunden lang Wandergitarre gespielt hat. Man hat wohl nicht begriffen, dass schnelles Solospiel doch etwas mehr Fingerarbeit erforderlich macht als „Blowing in the Wind“.
  3. nein

Bär: Schon schade, oder?
Olli: Es gibt noch andere. Auf jeden Fall wird’s lustig.

Bär: Na ja, zwölf Stunden lang Solo, 200 000 Noten? Glauben Sie, dass da Blut fließt?
Olli: Nicht unbedingt. Wenn die Leute am Eingang nicht so drängeln, dann wird auch keiner verletzt.

Bär: Ich danke für dieses Gespräch und wünsche gutes Gelingen.
Olli: Bitte sehr. Wenn Sie über mich was schreiben, können Sie dann so irgendwas in der Richtung „Der Tolstoj der sechs Saiten“ oder so bringen?
Bär: Also ich bitte Sie …